Eingeschleppter Wurm jagt Regenwürmer

18. November 2025

Eine aus Südamerika eingeschleppte Plattwurmart breitet sich offenbar rasant in Europa aus. Unter Beteiligung der Uni Innsbruck wurde Obama nungara erstmals in Österreich nachgewiesen, teilte das Naturhistorische Museum (NHM) am Montag mit. Der Plattwurm ernährt sich unter anderem von Regenwürmern und Schnecken.

Foto Tautropfen

Als Räuber von Regenwürmern und Schnecken könnte das potenziell invasive Tier das heimische Bodenökosystem beeinträchtigen.

In Tullner Gärtnerei entdeckt

Wie das Forschungsteam vom NHM und der Universität Innsbruck im Fachjournal „BioInvasions Records“ berichtete, wurden zwischen November 2022 und August 2024 vier Exemplare der Plattwurmart in einer Gärtnerei bei Tulln (Niederösterreich) entdeckt. Genetische Analysen des Erstautors Matthäus Greilhuber vom NHM zeigten, dass es sich eindeutig um einen Obama nungara handelte. Der Gattungsname Obama leitet sich laut Museum aus der von Indigenen in Brasilien gesprochenen Sprache Tupi ab und bedeutet „Blatttier“.

Regenwürmer als bevorzugte Beute

Die Landplanarien sind eine Gruppe terrestrischer Plattwürmer mit weltweit etwa 900 bekannten Arten, von denen einige auch in Mitteleuropa vorkommen. Sie leben bevorzugt in feuchten Bodenschichten, unter Steinen, Holz oder Laub und sind überwiegend nachtaktive Räuber. Zu ihrer Beute zählen u. a. Regenwürmer, Nacktschnecken, Insektenlarven und Asseln, sie haben kaum Feinde.

Obama nungara stammt ursprünglich aus Südamerika. „Ihre Ausbreitung in Europa – insbesondere über den Handel mit Zierpflanzen – wurde in den letzten Jahren mehrfach dokumentiert, u. a. in Frankreich und Italien, wo jeweils zahlreiche eingeführte Arten nachgewiesen wurden“, erklärte Greilhuber in einer Aussendung. Exotische Landplanarien würden wegen ihrer Größe – die gefundenen Tiere waren mehr als fünf Zentimeter lang – und oft knalligen Farben Aufmerksamkeit erregen.

1.500 Plattwürmer in französischem Garten

Da Obama nungara als besonders anpassungsfähig gilt und wegen der Gefahr eines Einflusses auf Regenwurmpopulationen in Europa als problematisch eingestuft wird, ist der erste Nachweis in Österreich den Forschern zufolge „von großer Bedeutung“. Sie verweisen etwa auf Frankreich, wo innerhalb eines Monats über 1.500 Individuen dieser Plattwurmart aus einem einzigen Garten gesammelt wurden. Das belege, dass diese Tiere mitunter hohe Dichten in ihren neuen Lebensräumen erreichen können.

„Dass Regenwürmer, die für die Bodenqualität essenziell sind, unter den bevorzugten Beutetieren sind, gibt Anlass zur Sorge“, so Koautor Bernhard Egger vom Institut für Zoologie der Universität Innsbruck. Weil Regenwürmer eine zentrale Rolle im Nährstoffkreislauf und der Bodenstruktur spielen, könnten die eingeschleppten Plattwürmer langfristig die Bodenqualität beeinträchtigen. Ökologische Studien, die den Einfluss auf die Populationen der Beutetiere direkt untersuchen, seien aber noch ausständig, betonten die Forscher.

Österreichs Klima als Herausforderung

Noch ist nicht klar, ob Obama nungara mit dem kontinentaleren Klima Österreichs im Vergleich zu westeuropäischen Ländern, wo derzeit der Verbreitungsschwerpunkt in Europa liegt, gut zurechtkommt und sich erfolgreich ausbreiten wird. Verbreitungsmodellen zufolge befindet sich Österreich auf dem östlichen Rand des für die Art geeigneten Gebiets. Mit der Klimaerwärmung könnten aber auch in Österreich vermehrt geeignete Lebensräume für die Tiere entstehen.

Maßnahmen gegen invasive Arten nötig

Für die Forscherinnen und Forscher unterstreicht der Fund die Notwendigkeit eines gezielten Monitorings und frühzeitiger Maßnahmen gegen invasive Arten – insbesondere im Zusammenhang mit dem zunehmenden globalen Handel mit Pflanzen und anderen Gütern. Denn laut Weltbiodiversitätsrat (IPBES) zählen invasive Arten heute zu den größten Bedrohungen für die biologische Vielfalt, das Funktionieren von Ökosystemen und damit letztlich auch für das menschliche Wohlergehen.

Die Wissenschaftler bitten, Sichtungen jedenfalls fotografisch zu dokumentieren und auf Naturbeobachtungsplattformen oder an Experten und Expertinnen zu melden.

Quelle

Eingeschleppter Wurm jagt Regenwürmer - tirol.ORF.at