Gefährdungsursachen der Lebensraumvielfalt

In den nachfolgenden Tabellen werden Beispiele für Aktivitäten mit potentiell beeinträchtigenden Auswirkungen auf die biologische Vielfalt beschrieben. Komplexe, selbstregulierende Ökosysteme lassen sich, wenn sie einmal zerstört sind, nicht oder höchstens in sehr langen Zeiträumen in gleicher Zusammensetzung und Funktion wieder herstellen.

Foto Blume im Licht

Strukturelle Veränderung von Lebensräumen

Beeinträchtigende MaßnahmeAuswirkungenVerursachende Aktivität
FlächenversiegelungIrreversible BiotopzerstörungBaumaßnahmen im Siedlungs- und Verkehrsbereich, für andere Wirtschaftszwecke und im Bereich der Energiegewinnung und Entsorgung
Nutzungsänderung von landwirtschaftlichen FlächenDauerhafte Biotopveränderung (z.B. Umwandlung von Grün- in Ackerland, Fruchtfolgeänderung, Erstaufforstungen, Zulassen von Wiederbewaldung)Land- und forstwirtschaftliche Nutzungsänderungen
Intensivierung landwirtschaftlicher Nutzflächen oder Aufgabe extensiver NutzungsformenDauerhafte Biotopveränderung (z.B. Rückgang sog. Halbkulturformationen wie Trockenrasen, Mager- und Feuchtwiesen)Landwirtschaftliche Nutzungsänderung
Mechanische EinwirkungenBiotopveränderung (z.B. durch technische Mittel zur Bewirtschaftung)Land- und forstwirtschaftliche Nutzung
Trockenlegung von Feuchtgebieten (Meliorationen), FlurbereinigungenVerlust von Sonderstandorten (z.B. Feuchtwiesen, Moore, staunasse Waldböden)Land- und forstwirtschaftliche Nutzung bzw. Nutzungsänderung
StraßenbauBiotopzerschneidungBaumaßnahmen im Verkehrsbereich
Wasserbauliche Eingriffe an Fließgewässern (Regulierungen)Biotopveränderung (z.B. Veränderung des natürlichen Flussverlaufs, seiner Struktur und seines Strömungsmusters sowie Unterbrechung der Gewässervernetzung mit seiner Umgebung)Baumaßnahmen zum Schutz vor Hochwässern
Errichtung von WasserkraftwerkenBiotopveränderung (z.B. dauerhafte Wasserstandsregulierung)Errichtung von Staumauern im Bereich Energiewirtschaft
Bodenerosion infolge anthropogener EinwirkungenBiotopveränderung durch Erosion offen liegender, ungeschützter BödenZusätzlich zum natürlichen Prozess der Bodenerosion durch landwirtschaftliche Kulturmaßnahmen, Siedlungs- und Straßenbau oder Freizeiteinrichtungen (z.B. Schipisten)
 

Stoffeinträge in Lebensräume

Beeinträchtigende MaßnahmeAuswirkungenVerursachende Aktivität
DüngereinsatzRessourcenbeeinträchtigung durch Nährstoffeintrag in die Umwelt (Gewässer, Luft). Beeinflussung von Wasser- und Bodenlebewesen und der Vegetation durch die Verschiebung des NährstoffangebotsMineralstoffdüngereinsatz in der Landwirtschaft
Pestizideinsatz im FreilandVeränderung der Artenzusammensetzung (z.B. durch Abtötung nützlicher Schädlingsgegenspieler und der Begleitflora, Abdrift auf Nicht-Zielflächen) Biotopveränderung (z.B. durch Versickerung bzw. Auswaschung, Grundwasserbelastung, Akkumulation und persistentes Vorkommen in Böden und hormonelle Wirksamkeit)Ausbringung in Land- und Forstwirtschaft
Einsatz von Biozidprodukten im Freiland (insb. Schädlingsbekämpfungs- mittel)Gefährdung einzelner Arten z.B. Wirbeltierarten durch TierköderAnwendung/Auslegung von Biozidprodukten
Einbringung hormonell wirksamer Substanzen in die UmweltBeeinträchtigung von Fortpflanzungsmechanismen und der geschlechtlicher Reifung bei aquatischen LebewesenEinsatz bestimmter Industriechemikalien, Arzneimittel und Pestizide
Schadstoffbelastungen (Eintrag von Schwermetallen, organischen Substanzen, versauernden und eutrophierenden Schadstoffen sowie anderen Luftschadstoffen)Beeinträchtigung von Bodenlebewesen und Eintrag in Stoffkreisläufe von Pflanzen und TierenSchadstoffimmissionen aus Industrie und Verkehr
 

Nutzung der biologischen Vielfalt durch den Menschen

Beeinträchtigende MaßnahmeAuswirkungenVerursachende Aktivität
Künstlicher Besatz von FischgewässernFaunenveränderung inkl. Verringerung der genetischen Heterogenität von Fischbeständen, veränderte Nährstoffbilanz, Einbringung von Krankheiten, ÜberfischungFischerei
Baumartenwahl, Art der Waldverjüngung (z. B. Natur- oder Kunstverjüngung), Betriebsart, Betriebsform, selektive Eingriffe (z. B. Jungwuchspflege, Durchforstung)Veränderung der Baumartenzusammensetzung, Senkung des Bestandesalters, Einengung der genetischen Vielfalt von BäumenWaldbauliche Tätigkeit in der Forstwirtschaft
Zu intensive (geschlechts- bzw. altersspezifische) Bejagung oder Hege (nicht entsprechend dem Zuwachs), zu hoher flächendeckender Jagddruck, trophäenästetische Ausrichtung der JagdVeränderung der Wildartenzusammensetzung und der Wildpopulationsstruktur sowie -dichte; Verhaltensänderung der Wildtiere, Veränderung der genetischen Vielfalt und der Altersstruktur von WildpopulationenJagdliche Tätigkeit
Kommerzielle Nutzung einiger weniger Tierarten und gezieltes Sammeln großer Mengen (z. B. seltener Insekten oder Aushorstung von selten im Inland brütenden Vogelarten)Ausrottung oder Rückgang der Dichte spezieller ArtenSammlertum
Errichtung von Infrastruktur zur Ausübung von Freizeitaktivitäten (z. B. Skisportanlagen, Golfplätze, Parkplätze etc.). Outdoor-Freizeitaktivitäten (z. B. Schifahren, Kanufahren, Rating, Mountainbiken, Klettern, Tauchen etc.)Zerstörung von Lebensräumen, Zerschneidung von Lebensräumen, Beschädigung/Beeinträchtigung der Flora und Störung/Beunruhigung der Fauna, Belastung von Lebensräumen durch Abfälle, Feuerstellen, Lärm und ZubringerverkehrTourismus
 

Weitere Folgen der Technisierung

Beeinträchtigende MaßnahmeAuswirkungenVerursachende Aktivität
Emission von Treibhausgasen und OzonabbauGlobaler Klimawandel durch Treibhauseffekt mit Einfluss auf die Verbreitungsgebiete von Pflanzen und TierenSteigende Energieproduktion und Auswahl von Energieträgern (Verkehr, Industrie, Kleinverbraucher, Energieversorgung)
Beabsichtigte Einfuhr von Nutz- und Zierpflanzen, unbeabsichtigte Einschleppung von Tier- und Pflanzenarten und deren absichtliche Ausbringung ins FreilandVeränderung der räuml. Struktur von Lebensräumen, der interspezifischen Konkurrenzsituation sowie der Verfügbarkeit von Nischen und Ressourcen und Veränderung der Floren- und FaunenzusammensetzungEinfuhr invasiver nicht-heimischer Arten auf verschiedensten Transportwegen (Wasser, Land, Luft) im Güterverkehr und Personentransport
Einbringung von GVOs (gentechnisch veränderte Organismen)Möglicher Gentransfer auf Wildformen über Hybridisierung = Übertragung von Merkmalen; Mögliche Beeinträchtigung blüten- und pflanzenbesuchender Insekten u. a.Landwirtschaftlicher Einsatz gentechnisch veränderter Kulturpflanzen
Lichtabstrahlung im kurzwelligen Bereich v.a. von Quecksilber-Hochdruckdampflampen in Beleuchtungskörpern (Straßen, Gebäude) und Abstrahlung von Werbeflächen und sky-beamern, etc.Beeinträchtigung des natürlichen Lebensrhythmus, der Orientierung, Nahrungsaufnahme, Fortpflanzung und Eiablage insb. von nachtaktiven Schmetterlingen u.a. Insekten. Beeinträchtigung der räumlichen Orientierung und des Bewegungsverhaltens von VögelnLichtimmissionen durch Beleuchtungskörper insbesondere im urbanen Bereich
 

Auswirkungen des Klimawandels 

Die Folgen des Klimawandels sind schon heute in den Ökosystemen aller Kontinente und der Ozeane, aber auch in Gesellschaft und Wirtschaft zu beobachten. 

Der Alpenraum ist wie kaum eine andere Region in Europa vom Klimawandel betroffen. Während die globale Mitteltemperatur seit Mitte des 19. Jahrhunderts um knapp 1 °C gestiegen ist, sind es in Österreich ca. 2°C. Durch die Erwärmung verschieben sich die Baum- und Vegetationsgrenze in höhere Lagen.

Der Rückgang der Gletscher im Alpenraum hat weitreichende Auswirkungen auf Ökosysteme, Trinkwasser- und Energieversorgung als auch auf den Tourismus. Gletscher stabilisieren das Abflussverhalten der alpinen Flüsse. Im Sommer, wenn der Niederschlag und somit der Wasserstand der Flüsse geringer ist, werden diese durch das Schmelzwasser des Gletschers mit Wasser versorgt. Davon hängen unsere Trinkwasserversorgung, die Energieproduktion durch Wasserkraftwerke sowie viele Tiere und Pflanzen ab. 

Quellen

5. Sachstandsbericht des IPCC. Teilbericht 2 (Folgen, Anpassung, Verwundbarkeit) 

Kaar, M.; Ofenböck, J. & Pranz, Ch. (2019): Klimafakten. Klimawandel. Vom Wissen zum Handeln.  Klimabündnis Österreich, Wien.