Genetische Vielfalt: Kein Lebewesen gleicht dem anderen!

Jede Art enthält unglaublich viele genetische Informationen. Darunter sind "Baupläne" zum Aufbau und zur Funktionsweise von Organismen zu verstehen. Die Variation der genetischen Information zwischen Individuen einer Art ist Voraussetzung dafür, dass Nachkommen über neue Eigenschaften verfügen, die eine bessere Anpassung an Umweltgegebenheiten darstellen.

Foto einer zypriotischen Gottesanbeterin
Zypriotische Gottesanbeterin

So hat zum Beispiel die natürliche Auslese in den Hochlagen der Gebirge dazu geführt, dass die dort vorkommenden Fichten eine schmale Kronenform entwickelten. Sie sind damit widerstandsfähig gegen Schneebruch geworden. Fichten aus tieferen Lagen haben hingegen breite Kronen. Sie würden unter den Schneemassen der Hochlagen zusammenbrechen.

Arten mit einem großen Verbreitungsgebiet, wie z.B. Amsel oder Fichte, setzen sich aus vielen Populationen zusammen, die wiederum über genetische Eigenheiten verfügen, weil sie eine Fortpflanzungsgemeinschaft bilden und in einem einheitlichen Areal leben. Unterschiedliche Populationen weisen daher oft geographische Variationen auf. Diese Populationen unterscheiden sich stärker in ihren Genen als Individuen ein und derselben Population.

Je genetisch vielfältiger eine Population ist, desto größer ist die Wahrscheinlichkeit, dass einzelne Individuen an neue Umweltbedingungen angepasst sind und die Art als Ganzes überleben kann! Zu neuen Umweltbedingungen führt auch die Klimaerwärmung. Für den Fortbestand betroffener Arten ist es wichtig, dass sie unter veränderten Bedingungen lebensfähig sind und sich ihre Anpassungsfähigkeit bewahren können.

Letztlich ist jedes einzelne Individuum einmalig. Kein Lebewesen gleicht dem anderen. Ausgenommen sind eineiige Säugetiernachkommen oder geklonte Individuen (wie z.B. das Schaf Dolly. Es war das erste Säugetier, das 1996 durch ein Klonverfahren in England "erzeugt" wurde) oder sich vegetativ (ungeschlechtlich) vermehrende Organismen. Dazu sind sowohl Pflanzen (z. B. durch Ableger, Brutzwiebel oder Knospung) als auch niedere tierische Organismen (z. B. durch Zellteilung bei Einzellern) in der Lage. 

Die genetische Vielfalt ist in den Ländern des Südens besonders hoch. Diese beherbergen einen immensen Reichtum an biologischer Vielfalt. Viele Pflanzen, Tiere und Mikroorganismen sind bisher kaum in ihren Nutzungsmöglichkeiten erforscht.

Auch der Mensch profitiert von der genetischen Vielfalt von Tierrassen und Pflanzensorten. Beispielsweise bei der Nutzung von domestizierten Nutztierrassen und bei der Kultivierung neuer Pflanzensorten. Auch bei der Entwicklung von Medikamenten ist die genetische Vielfalt wichtig. Länder mit hoher genetischer Vielfalt stehen dadurch besonders im Interessensmittelpunkt von Forschung und Wirtschaft.

Bei der Entwicklung von neuen Medikamenten ist aber auch das traditionelle Wissen indigener Völker und lokaler Gemeinschaften eine wichtige Informationsquelle. Aspirin, das vermutlich weltweit am meisten verwendete Medikament stammt ursprünglich aus den Blättern und Rinde der Silberweide. Bereits um 400 v. Chr. verordnete der griechische Arzt Hippokrates einen Aufguss aus der Rinde dieses Baumes gegen Gelenksentzündungen.